Der Falter 03/2022

Editorial Liebe Leserinnen und Leser! Die Zeit beschert uns Wechselbäder der Gefühle, unserer Wahrnehmungen und Empfindungen. Einerseits gehen wir nach einem bildlich langen, einsamen Winter mit massiven Corona-Belastungen nun mit Hoffnung in diesen Frühling. Nicht nur die Natur lebt auf, sondern auch wir, unser ganzes Gemeinwesen: Die World Press Photo- Ausstellung findet (noch eine Woche!) als Schaufenster-Galerie statt und zieht sehr viele Menschen aus Nah und Fern in die Stadt. Der „Kitzinger Frühling“ wird mit einem breitgefächerten Programm ebenfalls viele anlocken. Die Musikschule kann ihre Pforten für Interessenten weiter öffnen. Veranstaltungen von Kultur bis Sport, Vereinsleben und vieles andere sind wieder möglich. Wir kommen zu- sammen, genießen gastronomische Angebote und Freisitze bei steigender Sonne, Spaziergänge auf dem Gartenschaugelände und dem Mainkai mit spielenden Kindern, Ausflüge... Das belebt unsere Stadt, aber auch unseren Alltag mit Opti- mismus, neuer Freude. Zu all dem finden Sie in diesem Falter etwas. Andererseits sind wir betroffen von einem unvorstellbaren Krieg vor unserer Haustür, dessen Auswirkungen wir auch hier schon erleben und dessen mögli- che Weiterentwicklung und Folgen nicht absehbar sind. Dies findet genau 77 Jahre nach den verheerenden Bombardements auf Kitzingen statt, macht uns fassungslos, wütend, vielleicht ängstlich. Ich hoffe, dass es uns auch hilfreich und solidarisch macht. Denn wir leben hier quasi auf einer „Insel der Glückseligkeit“, während es weltweit viel Not und Elend gibt. Doch auch unter und neben uns gibt es Menschen, deren Alltag von Sorgen und Ängsten begleitet wird. Denen sollte unsereAufmerksamkeit, Solidarität und Hilfe ebenso gelten wie den Menschen, die sich aus der Ukraine zu uns retten, wie den Flüchtlingen generell, für die wir Zufluchtsort sind. All die hoffen auf uns. Enttäuschen wir sie nicht, beweisen wir unsere Menschlichkeit. Auch dazu finden Sie manches in dieser Ausgabe. Eine verwerfliche Art von „Solidarität“ hat mich in dem Zusammenhang erschro- cken gemacht: Kinder, die ihre Mitschüler nun ausgrenzen, mobben, bestrafen, weil die „Russen“ seien – auch in Kitzingen! Weil sie nicht wissen, dass deren Eltern oder Großeltern oft dieses Herrschaftssystem verließen, um in Freiheit und Demokratie zu leben.Woher kommt diese Haltung gerade bei Kindern? Natürlich weitgehend von Eltern oder Großeltern. Sollte deren Erziehung aber nicht auch Aufklärung und Toleranz beinhalten? Ich appelliere an Sie! Nochmals zu unserer Demokratie: In den Mitteilungen der Stadtverwaltung finden Sie die „Satzung zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheid“. Sie ist sehr komplex, aber unbedingt lesenswert, denn sie regelt unser Miteinander bei dies- bezüglich strittigen Themen (siehe aktuell Bebauung Am Steigweg). Aber die Demokratie ist kein Geschenk, für alle Zeit auf Steintafeln verewigt wie die 10 Gebote. Sie muss immer zeitgemäß sein, neu erworben werden, sich mit gesellschaftlichen Modernisierungen also auch modernisieren. Doch das kennen wir ja ebenso aus unserem persönlichen Alltag – und für den wünsche ich Ihnen das Beste. Ihr Volkmar Röhrig

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