DER FALTER 09/13
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Ökonom) 1898 erbaute Villa, im Stil
der italienischen Renaissance.
Sie steht – wegen der Wirkung auf den
Betrachter und des Mainhochwassers
– erhöht. Der Eingang liegt im Stiegen-
hausanbau und wird über eine Außen-
treppe erschlossen. Hoch aufragend ist
die 4-etagige Fassade aus Keller-, Erd-,
lichen Aufschwung erlebt, der an vielen
Gebäuden sichtbar wird. Sicherlich werden
Sie, geneigter „Falterleser“, interessiert an
der Baukunst, beim Gang durch die Stadt
noch viele weitere Fassaden entdecken.
Dieter Bilz, Architekt,
bis Anfang September 2013
Stadtheimatpfleger der Stadt Kitzingen
Das merkwürdige Denkmal auf der Alten Mainbrücke
Eine verpasste Chance
von Hans Bauer
Nach dem verlorenen I. Weltkrieg muss-
te Deutschland im Friedensvertrag von
Versailles (28. Juni 1919) die alleinige
Kriegsschuld übernehmen und sich har-
ten Bedingungen unterwerfen. Die Art
des Zustandekommens und der Inhalt
des Vertrags wurden von vielen Deut-
schen als ungerecht und zu hart emp-
funden.
Nach einer Epoche überheblichen Stol-
zes war der Versailler Vertrag eine De-
mütigung und eine Erschütterung des
nationalen Selbstbewusstseins. In der
Folgezeit entstanden u.a. viele Denkmale,
Erinnerungsschriften und Ortschroniken.
Die meisten davon waren bestrebt, die
Bedeutsamkeit der eigenen Geschichte
ist 1991 aus einer Idee des Europarates
entstanden und wurde in Deutschland
1993 erstmals durchgeführt.
Das Publikumsinteresse war von Anfang
an riesengroß und wuchs von Jahr zu
Jahr. 2012 zählte man mehr als 4,5 Milli-
onen Besucher, rund 8.000 Denkmäler in
ca. 2.700 Städten und Gemeinden wa-
ren für die Besichtigung geöffnet. Heuer
fand der Denkmaltag am 08. September
statt.
Die Grundidee dieser Veranstaltung ist
einfach und wirkungsvoll zugleich: Inter-
Der Tag des offenen Denkmals...
esse und Verständnis für die überlieferte
Baukultur sollen geweckt, Engagement
für ihre Erhaltung angestoßen werden.
Führungen und Aktionen, die Öffnung
sonst nicht oder nur schwer zugänglicher
Denkmäler, aber auch der Blick in soeben
restaurierte Bauten und das Gespräch
mit den stolzen Besitzern sind wesentli-
che Bestandteile dieses Konzepts.
Das Leitthema für 2013 „Jenseits des
Guten und Schönen – unbequeme Denk-
mäler“ hat im Landkreis Kitzingen leider
nur wenig Resonanz gefunden – und
ins rechte Licht zu rücken und ein neues
nationales Selbstwertgefühl zu bedienen
bzw. zu erzeugen; zwangsläufig geschah
dies nicht immer mit entsprechend wis-
senschaftlicher Sachlichkeit. Offensichtli-
che und öffentliche Zeitzeugnisse dafür
sind vor allem die zahlreichen Krieger-
denkmäler, die in jenen Jahren entstan-
den, auch in Kitzingen.
Am 11. Juli 1924 beschloss der Stadtrat,
in einer Kanzel der Mainbrücke ein Denk-
mal aufzustellen, das an die Schmach des
Versailler Vertrags erinnern sollte. Der
Kitzinger Künstler Richard Rother hatte
den Ratsherren zwei Entwürfe vorge-
legt; man entschied sich für die Figur des
Ober- und Mezzaningeschoss mit flachen
schiefergedeckten Walmdächern, die
weit über den Hausgrundriss kragen.
Ein nördlicher und südlicher Bautrakt
rahmen einen Mittelbau ein, geschmückt
in 3 Achsen mit Säulenstellung, Balkon-
brüstung und Rundbogenfenster. Rusti-
zierende graue Natursteinelemente lösen
sich in der Höhe in Eckquaderungen und
hellgrauen Putzfeldern auf; es ist eine
feine farbliche Fassadengestaltung. Das
vornehme Wohnhaus ist ein markantes
Beispiel für die Gründerzeit-Stilepoche.
Kitzingen hat im Historismus des 19. Jahr-
hunderts einen wirtschaftlichen und bau-
dies in mehrfacher Hinsicht. Zwar waren
einzelne Denkmäler geöffnet und es wur-
den Führungen angeboten, doch hatten
diese nichts mit dem Thema zu tun.
Lediglich im Limpurger Forst nahe Dorn-
heim fand eine beeindruckende Gedenk-
feier an den fünf Soldatengräbern statt.
Hier starben junge Panzerschützen am
10. April 1945 einen sinnlosen Tod. Die
würdevolle Feier wurde von der Solda-
tenkameradschaft Kitzingen initiiert und
gestaltet.
Deshalb soll hier an ein Denkmal erinnert
werden, das tatsächlich gelohnt hätte, in
die diesjährige Erinnerungsliste aufge-
nommen zu werden.
Hans Bauer
knieenden Soldaten. 2.500 Goldmark
wurden aus der Stadtkasse bewilligt,
Rother selbst erhielt den Auftrag. Nach
einigen Kontroversen um die Gestaltung
und Platzierung des Denkmals mit dem
Denkmalamt in München konnte der
Auftrag erteilt werden. Am 3. Mai 1925
fand eine festliche Enthüllungsfeier statt;
sie sollte den Charakter einer „nationa-
len Feier“ erhalten.
Die Brücke wurde für den Verkehr ge-
sperrt, ein Musikkorps des 21. Infante-
rieregiments trat auf. Die Feierlichkeiten
fanden in der evangelischen Stadtkirche
ihren Abschluss, wo die Kitzinger Chor-
vereinigung das „Deutsche Requiem“
von Johannes Brahms aufführte.
Gustav-Adolf-Platz 4 und 5
Mainstockheimer Straße 11
Fotos: Michael Herbert
Kleine Kitzinger Baustilkunde
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