DER FALTER 03 / 13
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von Martine Dühr
Einen Blick hinter die Kulissen verschafft
mir momentan mein Volontariat im Mu-
seum. Die Leiterin des Museums Ste-
phanie Nomayo ermöglicht es mir, das
theoretisch Gelernte an der Universität,
hier praktisch umzusetzen. Ich darf ein
Konvolut an Frauenkleidung aus den Jah-
ren um 1900 archivieren und kann die
Schritte vom Eingang ins Museum über
das Fotografieren bis zum Vorstellen in
der Presse mitverfolgen und eigenstän-
dig erarbeiten.
Einer meiner Lieblingstätigkeiten, das Ar-
beiten mit Kindern, kann ich ebenfalls im
Stadtmuseum unter Beweis stellen. Im
Zusammenhang mit der Ausstellung von
Frau Schulder habe ich mit einer Kinder-
gartengruppe das Malen mit Pastellkrei-
de entdeckt und in den Osterferien leite
ich einenWorkshop für Grundschulkinder.
Durch das Hintergrundwissen, das ich
während meines Studiums erfahre und
die Mitarbeit in diesem kulturellen Zen-
trum, ist es sicher verständlich, dass das
Stadtmuseum einer meiner Lieblingsplät-
ze ist.
Martine Dühr ist Luxemburgerin und studiert in
Würzburg Museologie und Kunstgeschichte.
Foto: Alexander Witt
Über dem Portal an der frühbarocken
Front der evangelischen Stadtkirche in
Kitzingen steht in einer Rundbogenni-
sche der Kirchenpatron Johannes der
Täufer über einer ovalen Kartusche, die
derzeit freilich mehr einem überdimensi-
onalen Gipsei gleicht.
Die Figur des Heiligen trägt das Datum
„1728“ und wäre als Namensgeber der
Kirche eigentlich nicht zu erwarten: Gibt
es doch in Kitzingen noch eine andere
Johanneskirche, die katholische (und
von 1529 bis 1629 evangelische) Pfarr-
kirche aus gotischer Zeit.
Der überlebensgroße Täufer deutet mit
seiner Rechten auf das Lamm zu seinen
Füßen und trägt in der Linken ein Stab-
kreuz.Auf dessen Banderole ist zu lesen:
„Ecce ... Dei“;
zu ergänzen
mit „agnus“
(„Seht hier das
Lamm Gottes“
als Hinweis auf
die
Ankunft
Christi).
Die
heute
evangelische
S t a d t k i r c h e
wurde 1686 bis
1693 von dem
Wü r z b u r g e r
Hofbaumeister
Antonio Petrini
(um
1625–
1701) für die
seit 1660 in der
Stadt wirken-
den Ursulinen
errichtet, einem
katholischen
Fra u e n o r d e n
zur Erziehung
adliger junger
Mädchen. Bau-
herr war der
Wü r z b u r g e r
Fürstbischof Jo-
hann Gottfried
von Guttenberg
(1684–1698).
Sein Wappen (Geviert mit dem Hoch-
stiftwappen sowie einer goldenen Rose
in blauem Feld) füllte ursprünglich die
heutige Leerstelle unterhalb des Täufers,
wie die Reste von drei Helmen mit ihrer
Helmzier oberhalb der nun verwaisten
Kartusche verraten. Wie es farbig aus-
gesehen hat, zeigt ein intaktes Beispiel
am Haus „Beim Grafeneckart 2“ in
Würzburg. Vielleicht ist aber auch unter
dem Gipsputz erhalten geblieben, als
man nach der Säkularisation und der
Übergabe der Kirche an die Evangelische
Gemeinde 1817 das Wappen entfernen
wollte.
ka
Foto: Klaus Arnold
Einer der Plätze, an denen ich mich am
liebsten aufhalte, ist das Stadtmuseum.
Mit seiner schön gestalteten Ausstellung
bringt es den Besuchern die Geschichte
der Stadt nah. Besonders angetan bin
ich von einem Puppensalon des 19. Jahr-
hunderts, den man durch die gut durch-
dachte Vitrine von vorne und von hinten
betrachten kann. Der Raum mit den Mö-
beln und den Puppen ist so schön ange-
ordnet, dass man sich in die eigene Kind-
heit zurückversetzt fühlt und am liebsten
gleich anfangen würde zu spielen.
Aber nicht nur die Dauerausstellung ist
für eine Studentin der Museologie span-
nend, sondern auch die Wechsel- und
Sonderausstellungen geben einem die
Möglichkeit, immer wieder über neue
Themen, mit besonderen Objekten, in-
formiert zu werden. Momentan kann
man eine Ausstellung von Fotografien
und Bildern der Künstlerin Erika Schulder
bewundern. Frau Schulder schafft es, mit
ihren Aufzeichnungen der Natur und der
Architektur Suomis, dem Betrachter die
faszinierende Schönheit Finnlands näher
zu bringen.
Wie Lamm und Wappen abhanden kamen
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