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DER FALTER 03 / 13
Bei meinen langjährigen Aufenthalten
im Mittleren Osten kam ich mit der is-
lamischen Buchkunst in Berührung, ihrer
großartigen Gestaltung, kunstvollen Kal-
ligrafie und Illustration. Ästhetik, hand-
werkliche Ausführung und Inhalt ver-
schmelzen in der islamischen Buchkunst
zu einer Einheit.
Als Maler reizte es mich, die opulente,
farbenfrohe Miniaturmalerei nachzu-
empfinden. Als Beispiel, wie auch In-
halt und Illustration zusammenspielen,
mag „Der Gelbe Vogel“ dienen. Bereits
auf der ersten Seite sieht man, wie die
Schwanzfedern des Vogels aus dem Kä-
fig, ja sogar über den Bildrahmen hin-
ausreichen. Damit ist bereits symbolisch
vorweggenommen, was inhaltlich zum
Schluss offenbar wird: Der Vogel will frei
sein.
Die Verknüpfung der Texte in zwei Spra-
chen (arabisch und deutsch), die Illust-
ration und das Zeichnen von Arabesken
bereiteten mir großes Vergnügen, aber
auch viel künstlerische und handwerkli-
che Arbeit. Solche Bücher beanspruchen
Zeit, sowohl bei der Herstellung als auch
beim Lesen und Betrachten.
Mein Freund, der herausragende suda-
nesische Kalligraf Abdel Rahman Gin-
deel hat mit viel Einfühlungsvermögen
die arabischen Texte geschrieben, zu je-
Warum Märchen?
von Klaus D. Christof
dem Buchtitel den passenden Schrifttyp
gewählt und die Kalligrafie entworfen.
Seine Kunst trägt wesentlich dazu bei,
meine Intention des Brückenschlages zur
Kultur des Orients zu verdeutlichen.
Wenn man sich am „Zeitgeist“ und heu-
tigen Buch-Konsum orientieren will, soll-
te man die Finger von solch aufwändigen
Buchprojekten lassen. Meine Märchen-
bücher taugen sicherlich nicht für den E-
Book-Reader. Man muss das spezielle Pa-
pier fühlen, die Goldornamente glänzen
sehen, die harmonisch geschwungenen
Linien der Kalligrafie genießen usw., d. h.
hier steht neben dem Lesen auch eine
haptische und sinnliche Erfahrung im
Vordergrund.
Reproduktionen: Der Autor
Die Texte der Bücher sind zweisprachig arabisch
und deutsch. Die arabische Schrift wird von rechts
Klaus D. Christof
::
1949 in Kitzingen geboren
::
1967–1970 Werkkunstschule/
Würzburg, danach Zusatzstudium
Pädagogik/ Psychologie, Universität
Bamberg
::
seit 1973 freischaffender Maler und
Plastiker.
::
ab 1980 mehrere Jahre in den
Vereinigten Arabischen Emiraten
::
1986 Auftrag zur Dokumentation/
Rekonstruktion des historischen
Marktquartiers in Sharjah (VAE).
Beginn der Märchenbuchreihe
::
1988 Rückkehr nach Deutschland,
Rekonstruktion der Rokoko-Dekora-
tionsdeckenmalerei der Sandkirche/
Aschaffenburg
::
1989–1996 Wandmalereien und
plastischen Arbeiten, Auslandsaufent-
halte
Klaus D. Christof ist
u. a. bekannt als 1.
Bürgermeister, Ma-
ler und Organisator
von Kulturausstel-
lungen in der Rat-
haushalle. Weniger
bekannt dürfte er
als Buchkünstler
und Autor/Heraus-
geber einer wun-
derbaren Märchen-
Tetralogie sein.
::
1993 Dozent für Druckgrafik an
der„Emirates Fine Arts Society"
::
1997–2007 Berater des "Depart-
ment of Culture in Sharjah" (VAE),
Reisen nach Indien und das Sultanat
von Oman, Publikationen über Kunst
und Ethnologie dieser Kulturräumen.
::
2000 Kulturpreis der Stadt Kitzingen
::
seit 2007 plastische Arbeiten,
Wandmalerei, Tafelbilder.
Aktuelle Vorhaben
::
Illustrationen für ein Buch über die
sagenhafte omanische Stadt Ubar und
deren Herrscher Shaddat
::
Ein Märchenbuch über eine Seekuh
(eigentlich eine „Meekuh“ mit Bezug
zu Kitzingen)
::
Ein Buch über die Tradition und Ma-
gie von Hennadekorationen im islami-
schen Kulturkreis
nach links geschrieben, folglich muss man arabi-
sche Bücher – sicherlich ungewohnt – von „hin-
ten“ anfangen zu lesen.
Informationen:
::
Die Blaue Blume 1987, vergriffen
::
Der Gelbe Vogel 1989
::
Der Grüne Pantoffel 1993
::
Das Rote Schloss 2009
::
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